Seit 14 Monaten veranstalten Kamil Majchrzak und sein Team mit großem Engagement die Mahnwachen gegen jeden Antisemitismus am Weinbergspark in Berlin. An jedem 7. eines Monats wird der Opfer der antisemitischen Massaker vom 7.10.2023 in Israel gedacht und die Freilassung aller aus Israel entführter Geiseln gefordert. Sie dürfen nicht in Vergessenheit geraten! Bei der Mahnwache erklären wir uns solidarisch mit allen jüdischen Bürger*innen. Die Mahnwache ist nicht nur ein wichtiger Ort der Solidarität, sondern auch ein Ort des Austauschs, der Bildung und der Vernetzung. Weitere Infos zur Mahnwache gibt es hier und hier. Wir, der Landesverband Berlin-Brandenburg, haben uns über die Einladung zu einem Redebeitrag gefreut. Unser Vorstandsmitglied Sven ist am letzten Samstag kurzfristig für Güner Balci eingesprungen, die leider absagen musste. Im Folgenden dokumentieren wir einen Auszug aus seiner Rede:
„(…) Um es ganz klar zu sagen: Die Friedensbewegung hat ein Antisemitismus-Problem. Es geht dabei auch um antisemitischen Verschwörungsglauben, den es überall in der Gesellschaft gibt. Also z.B. die Erzählung von der geheimen Macht der Wall Street, dem Einfluss einer jüdischen Lobby und anderes, ihr kennt das alles, denke ich. Aber vor allem geht es um israelbezogenen Antisemitismus, der in der deutschen Linken seit 1967 (seit dem 6-Tage-Krieg) Verbreitung gefunden hat. Das Ressentiment gegen Israel als angeblich imperialistischer und kolonialer Aggressor und Landräuber heißt dann „berechtigte Israelkritik“, dabei ist deutlich erkennbar, dass geschichtliche Ereignisse ignoriert oder umgelogen und doppelte Standards verwendet werden. Israel wird delegitimiert und dämonisiert. Das, was sich selbst als „Israelkritik“ im Gewand des Friedens und der Menschenrechte oder einfach als linker Antizionismus bezeichnet, entpuppt sich meistens sehr schnell als Antisemitismus. –
Wenn man sich die vielen Statements aus der Friedensbewegung zu den Ereignissen vom 7. Oktober 2023 ansieht, merkt man, dass das unreflektierte Ressentiment gegen Israel ein verbindendes Element in weiten Teilen der Friedensbewegung ist. Da werden Massaker und Pogrome so „äquidistant“ „kontextualisiert“, dass einem schlecht wird. Der Kontext ist natürlich immer, dass Israel selbst Schuld am Terror gegen Jüdinnen und Juden ist. Und Netanjahu ist natürlich Schuld am Antisemitismus, der sich in der ganzen Welt ausbreitet… Bestenfalls wird „beiden Seiten“ eine Schuld an einer „Eskalation“ gegeben. –
Die immer gleichen Forderungen der Friedensbewegung sind die nach einem Waffenstillstand und nach einem Waffenembargo gegen Israel. Was bedeuten diese Forderungen?
Die nach dem 7. Oktober 2023 erhobene Forderung, Israel solle auf den Terror und die Geiselnahmen nicht reagieren und einem bedingungslosen Waffenstillstand zustimmen, bedeutet natürlich eine Verneinung des Selbstverteidigungsrechts Israels und ist ein Plädoyer für das Weiterexistieren palästinensischer Terrorgruppen.
Ich zitiere aus der Erklärung der DFG-VK vom 12.10.2023 : “Der DFG-VK Bundesverband verurteilt aufs Schärfste die Gewalteskalation in Nahost durch den Angriff der Hamas und den Gegenangriff durch das israelische Militär. …Die Gewaltspirale muss sofort gestoppt werden.“ Hier wird ganz typisch eine Gleichwertigkeit des Handelns von Terrorgruppen und des israelischen Militärs konstruiert. Und das ist eines der harmlosesten Statements aus der Friedensbewegung.
Alle Organisationen der Friedensbewegung, auch die DFG-VK, fordern dazu auf, keine Waffen an Israel zu liefern, weil sie angeblich völkerrechtswidrig eingesetzt werden könnten. Wenn man das bis zum Ende denkt, ist das eine Forderung nach militärischer Überlegenheit der Feinde Israels, denn die werden zuverlässig beliefert. Wie ein militärischer Sieg von Hisbollah oder Hamas über Israel aussehen wird, können wir uns mittlerweile alle sehr gut vorstellen.
Wie eine typische Kundgebung der Friedensbewegung und von Menschenrechtsgruppen zum Krieg in Gaza aussieht und was wir als Berliner Landesvorstand dazu schreiben, könnt ihr auf unserer Website berlin.dfg-vk.de sehen. Schaut euch gerne mal die Blog-Beiträge vom 18. und 20. Oktober 2024 an.
Mantras der Friedensbewegung sind: „Terrorismus kann nicht militärisch bekämpft werden“, „Gewalt erzeugt nur Gegengewalt“, „Frieden kann nicht militärisch erzwungen werden“ usw.
Es ist aber offensichtlich, dass das nicht stimmt. Das nationalsozialistische Deutschland wurde militärisch besiegt, zum Frieden gezwungen und demokratisiert, uralte Feindschaften wurden beendet. Ebenso wurde der „Islamische Staat“ ziemlich erfolgreich militärisch bekämpft und damit der Völkermord an den Jesid*innen beendet. Welche pazifistischen Konzepte gibt es gegen die SS, den „Islamischen Staat“ oder gegen Hamas? – Es gibt natürlich keine.
Angesichts eines gegen Jüdinnen und Juden gerichteten unbedingten Vernichtungswillens und daraus folgender eliminatorischer Gewalt, wie sie z.B. palästinensische Terrorgruppen ausüben, kann man nicht ernsthaft vom deutschen Sofa aus die Prinzipien der Gewaltfreiheit hochhalten. Dieser dogmatische Pazifismus ist unmoralisch und hat nichts mehr mit Humanismus zu tun, sondern entweder mit Dummheit und Naivität oder mit Böswilligkeit. Als politische Pazifist*innen müssen wir das eingestehen und uns dazu verhalten. Leider drückt sich die Friedensbewegung vor einer Antwort auf die Frage, wie man sich gegenüber eliminatorischer Gewalt verhalten soll. Und ich bin nicht optimistisch, dass sich daran etwas ändern wird. –
Das heißt natürlich nicht, dass pazifistische Konzepte falsch sind: Soziale Verteidigung ist, wenn sie gut vorbereitet wird, eine Möglichkeit, sich einem Feind gegenüberzustellen, der nicht morden, sondern erobern will. Und Zivile Konfliktbearbeitung, Abrüstung, Rüstungskontrolle, Diplomatie sind wichtig, um Kriege zu verhindern oder zu beenden. Aber zuallererst müssen wir daran arbeiten, die Ursachen von Gewalt und Krieg zu beseitigen: Das sind oft Nationalismus, Imperialismus oder menschenfeindliche Ideologien wie z.B. Antisemitismus.
Genau hier liegt aber ein Problem, wenn es bereits in pazifistischen Organisationen Antisemitismus gibt. Ich komme jetzt auf meinen Verein, die DFG-VK zurück. Wie gesagt, die DFG-VK ist wenig hierarchisch, Landesverbände und Ortsgruppen können im Prinzip machen, was sie wollen. Es ist kein Geheimnis, dass bestimmte Ortsgruppen sich Israelfeindlich positionieren und BDS-Aktivist*innen einladen, wie z.B. die Münchener und die Kölner Ortsgruppen. Sehr bekannt wurde ein Vorfall in München, als ein jüdischer Stadtrat von der sogenannten Münchener Friedenskonferenz ausgeladen wurde. Bestimmte Gruppen und Aktive in der DFG-VK verteidigen oder arbeiten zusammen mit Terrorapologeten wie „Palästina Spricht“, „Palästinasolidarität Duisburg“ oder machten Propaganda für die Hassveranstaltung, die sich „Palästinakongress“ nannte. Sogar Personen auf der Bundesebene bewarben den Palästinakongress und verteidigen die Parole „From The River To The Sea“.
Schlimm ist, dass das „israelkritische“ Ressentiment inzwischen auf der Bundesebene der DFG-VK zur Normalität geworden ist. So hat kürzlich unser Bundeskongress eine überaus dumme, offensichtlich hassgetriebene israelfeindliche Entschließung mit sehr großer Mehrheit verabschiedet, in der nicht nur Israel als Terrorstaat bezeichnet wird, sondern sogar die antisemitischen Stereotype der Heimtücke und der Perfidie und sogar die Kindermordlegende bemüht wurden. Die Besessenheit so vieler „friedensbewegter“ Personen ist unfassbar!
Es gibt auf der Leitungsebene der DFG-VK einige Personen, die ich für anständig halte und die diesen Kurs nicht unterstützen. Allerdings sind sie leise und treten dem Antisemitismus nicht entgegen. Da fängt es an, unanständig zu werden. Kleinreden oder Vertuschen ist unangemessen. Wer Antisemitismus nicht bekämpfen will, hat den Antifaschismus verraten! (…)
Noch ein Wort zu Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International. Ich möchte jetzt nur einen Aspekt aus dem Bericht aufgreifen, in dem Amnesty Israel Völkermord vorwirft. In dem Bericht steht die Forderung an die Hamas, die zivilen Geiseln unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Die zivilen Geiseln! Amnesty weiß nicht, dass auch die Geiselnahme von Soldat*innen ein Verbrechen ist? Doch, Amnesty weiß das. Amnesty möchte die Hamas erhalten.
Ich sage: Bring them all home now!„