
Wenn sich die antisemitische Verschwörungsszene aus Querdenken und Friedensschwurbel zu einem „Neustart“, also einer Vernetzung trifft, ist Protest notwendig. Gemeinsam mit anderen Antifaschist:innen folgten wir am 31. Mai dem Aufruf der Omas Gegen Rechts und waren zur Stelle.
Was war los?
Die (mehr oder weniger) bekannten neurechten Schwurbelmedien Nius, Apolut, „Demokratischer Widerstand“ und Projekte wie IAFF und „Protestnoten“ luden zu einem Vernetzungstreffen (Motto: Neustart) in der Musikbrauerei ein. Star-Gast des Abends war die Person, die sich früher Ken Jebsen nannte und eine der schillerndsten Personen der Szene ist. Die „taz“ schrieb gerichtsfest , dass er beim RBB wegen antisemitischer Äußerungen rausflog (wir können all seine problematischen Positionen hier schon alleine aus Platzgründen nicht darstellen und verweisen bei Aufklärungsbedarf auf Wikipedia und Suchmaschinen). Lokalgrößen wie Michael Bründel („Captain Future“) waren mit Rede- und Musikbeiträgen angekündigt.
Musikbrauerei

Die Musikbrauerei (bitte nicht verwechseln mit der Kulturbrauerei!) ist ein historischer Gebäudekomplex im Prenzlauer Berg. Neben unproblematischen Konzerten, Ausstellungen und Raves wird der Veranstaltungsort auch von der rechten und Verschwörungs-Szene genutzt (hier weitere Infos). Die Musikbrauerei ist Mitglied der Berliner „clubcommission“ – das ist eine Lobbyorganisation der Berliner Clubs, die sich auch um staatliche Subventionen für ihre Mitglieder bemüht. Einen sehr empfehlenswerten Hintergrundbericht zur Musikbrauerei hat die Antiverschwurbelte Aktion kürzlich auf Indymedia veröffentlicht. Dort ist auch ein Video verlinkt, dass zeigt, wie das rechtsextreme Medium „Compact“ aus einer in der Musikbrauerei stattfindenden Ausstellung berichtet. Dort wurde einer Naziästhetik nicht nur das Wort geredet, sie wurde auch gezeigt (z.B. ein „Kunstwerk“, in dem sich vier Friedenszeichen zu einem Hakenkreuz vereinen).
Exkurs: Der Berliner Friedensschwurbel
Sie nennen sich Freedom Parade, die Basis, „Freie Linke“, „Nachdenkseiten“-Gesprächskreis, Assange-Freund:innen, „xy steht auf“, Friedensnoten usw. Was sie vereint: Sie „fühlen“, was wahr ist, haben eine Berufung und gehen dafür auf die Straße. Sie sind für Fakten und Argumente nicht (mehr) erreichbar. Sie sind Übergangsorganisationen der indifferenten, irgendwie Friedensbewegten zur stärker werdenden neurechten Szene oder sind bereits Vorfeldorganisationen der AfD. Zusammen mit autoritär-kommunistischen Gruppen bilden sie auch den Hauptbestandteil des von der „Friko“ organisierten Berliner Ostermarschs. (Nicht nur uns fällt der Berliner Ostermarsch durch fehlende Kritik an dem autoritären russischen Regime und seinem verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine auf. Gewerkschaften und DFG-VK unterstützen den Ostermarsch nicht. Wir meinen: Die Berliner Friko ist Teil des Problems. Sie ist nicht nur aktiv in der Putin-Apologie, sondern fördert auch eine Normalisierung antidemokratischer und antisemitischer Positionen.)
Konkret: Freedom Parade
Zu Corona-Verharmloser Michael Bründel und seiner Freedom Parade ist bereits viel geschrieben worden (besonders verdienstvoll: Querdenkenwatch ). Seit Jahren fallen sie auf durch eine Nähe zu Rechtsextremen, Antisemiten und Reichsbürgern. Ganz offenbar bemühen sich diese Leute jetzt um Verstetigung und Ausbau der in der Corona-Pandemie entstandenen Verbindungen und Strukturen. Zuletzt war das am 24.05.2025 sichtbar, als die Freedom Parade und der Berliner Friedensschwurbel in bester Laune mit Nazis und Reichsbürgern über die Straße des 17. Juni zog („Deutschland steht auf“). Die Antiverschwurbelte Aktion und DFG-VK protestierten an der Strecke.
Antifaschistischer Protest vor der Musikbrauerei

Zum Protest vor der Musikbrauerei fand sich eine Gruppe aus Omas Gegen Rechts und anderen antifaschistischen Aktiven mit Schildern und Transparenten ein. Dazu gab es anlassbezogen Klezmer aus dem Lautsprecher. Der Zustrom von Schwurbel-Interessierten war geringer als von uns befürchtet (im Veranstaltungssaal in der Musikbrauerei blieb sicherlich noch Platz). Die meisten liefen starren Blickes an uns vorbei, wenige wollten mit uns diskutieren. Herr Bründel produzierte sich so vor uns, wie man es erwarten konnte. – Es kamen sogar Gäste von der Ostsee, die sich davor fürchteten, dass Israel den Iran mit einer Atombombe angreifen könnte. Die von Günther Grass beförderte antisemitische De-Realisierung, Israel sei die größte Gefahr für den Weltfrieden, wirkte hier wohl nach. Wir ahnten, was Ken dazu sagen würde… Wir haben niemanden zur Vor-Ort-Recherche in die Veranstaltung geschickt. Das ist zum einen schwer zumutbar, zum anderen wollen wir Ken nicht mit 20 Euro subventionieren.

Fazit und Ausblick
Wir finden, dass unsere Kundgebung erfolgreich war. Wir waren nicht wenige. Die Verschwörungsszene weiß, dass sie immer noch unter Beobachtung steht. Gerade aber was die Normalisierungstendenzen – z.B. in der Friedensbewegung – und die Ausbreitung des Antisemitismus in vielen (linken) Organisationen und Gruppen angeht, ist mehr Engagement nötig.



