Das Bündnis „Nie wieder Krieg“ von Reiner Braun und Co. ruft zum 3. Oktober mal wieder zu einer seiner BUNDESWEITEN GROSS-DEMONSTRATIONEN auf. Wie immer machen Reiner & Co. im Aufruf nicht etwa Russland für den Krieg in der Ukraine verantwortlich, sondern die Nato. Im „Vorbereitungstreffen“ zeigte sich, dass sich das Bündnis längst aus jeder Menge Verschwörungsschwurbeln zusammensetzt, die sich gegenseitig in Weltuntergangsfantasien, Pressehass und Größenwahn bestärken. Die Organisation ist streng hierarchisch und sektenartig – Entscheidungen fällen oder gar ernsthaft inhaltlich mitreden dürfen nur Reiner und sein enger Orgakreis. „Die DFG-VK sollte sich von diesem Bündnis fernhalten!“ sagt der Landesvorstand der DFG-VK Berlin-Brandenburg. „Wir sollten eigene Aktionen mit vernünftigen Inhalten machen, wenn wir als seriöse antifaschistische und antimilitaristische Organisation wahrgenommen werden möchten statt Russland-Propaganda nachzuquatschen!“
Inhalt:
1. DER AUFRUF VON „NIE WIEDER KRIEG“
2. BERICHT VOM „VORBEREITUNGSTREFFEN“
3. FAZIT: KEIN FRIEDENSSCHWURBEL
1. Der Aufruf von „Nie wieder Krieg“
Reiner Braun mobilisiert seine Umfelder aus International Peace Bureau, Koordination für den Frieden und Friedensratschlag im Bündnis „Nie wieder Krieg“ zur nächsten „BUNDESWEITEN“ Russlandfanmeile. Ausgerechnet am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, soll es soweit sein. Die deutsche Friedensbewegung will sich an diesem Tag um 12:30 in Berlin völlig größenwahnsinnig und selbstbesoffen zu einem Sternmarsch treffen. Das Motto am Deutschland-Feiertag ist: „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität.“
Keine Benennung des Aggressors Russland
Reiner hat sich in den letzten drei Jahren allergrößte Mühe gegeben, die Reste der Corona-Hass-Verschwörungswahnsinnigen in seinen Bundesausschuss Friedensratschlag zu integrieren (deswegen nennen wir das ab sofort Friedensschwurbelratschlag). Den Friedensschwurbel merkt man auch am Demo-Aufruf. Wörter wie „Russland“, „Moskau“ oder „Putin“, die in der Ukraine die Kriegsursache und den Aggressor beschreiben, kommen nicht vor.
Russland, das Opfer?
Die einzige Stelle im Aufruf, an der Russland indirekt vorkommt, weist Russland völlig unzutreffend im aktuellen Krieg eine Opfer-Rolle zu: „Statt sich für Frieden einzusetzen, liefert der Westen – einschließlich der Bundesregierung – immer mehr Waffen und beschleunigt die Eskalation durch die Erlaubnis, diese auch gegen russisches Gebiet einzusetzen.“
Nato führt einen Großkrieg?
Stattdessen behaupten die Aufrufenden, die Situation in Europa und Nahost entwickele sich trotz des in unseren Augen angesichts der Situation recht besonnenen Auftretens der Nato-Staaten (zögerliche Waffenlieferungen, Waffenlieferungen mit starken Nutzungseinschränkungen, keine Flugverbotszonen, keine Friedenstruppen (vergleiche mit den russischen „Friedenstruppen“ z. B. in Georgien) besonnene Reaktionen auf die gefühlt wöchentlichen russischen Atomangriffsdrohungen) , „gefährlich in Richtung Großkrieg“. Die Aufrufenden bedienen lieber alter Feindbilder statt den Verantwortlichen in Moskau zu benennen.
Wer droht eigentlich mit Atomwaffen?
Im nächsten Satz heißt es: „Atomwaffen werden wieder einsatzfähig gemacht.“ Mensch beachte den wunderschönen Schwurbel-Passiv, der es möglich macht, auch hier Kritik am russischen Regime zu vermeiden, das ständig und andauernd dem Rest der Welt mit seinen Atomwaffen droht und kürzlich erst neue Atomwaffen in Belarus stationiert hat. Die Ansage der USA hingegen ist sehr klar, deutlich und begrenzt: Falls Russland taktische Nuklearwaffen in der Ukraine einsetzt, werden sie helfen, die Souveränität der Ukraine wiederherzustellen, indem sie ganz konventionell nicht-nuklear alle russischen Besatzungstruppen in der Ukraine und alle Schiffe im Schwarzen Meer versenken. Und eben nicht im Ural oder in Novosibirsk.
Schwurbel-Passiv
Schwurbelvorstellungen trifft man auch einen Satz weiter: „Wir alle sollen kriegstüchtig gemacht werden.“ Mensch beachte auch hier die Passivkonstruktion: Statt das hinter dem Schlagwort stehende Regierungsprogramm zu benennen oder die entsprechende Politiker*in zu zitieren, benutzen sie einen Satz, in den Schwurbel mit wirren bis antisemitischen Vorstellungen beliebige Hetz- und Hassfantasie hineininterpretieren und sich aufgehoben fühlen können.
Gefühl statt Fakten
Dann folgt ein wirres Sammelsurium der klassischen Forderungen aus der Friedensbewegung. Keine davon wird erklärt; keine wird erläutert; bei keiner wird im Aufruf erläutert, was sie mit der oben genannten These des angeblich vom Westen angeheizten Großkriegs zu tun haben soll. Der argumentativ und intellektuell ohnehin recht dünne Aufruf setzt komplett auf Gefühl, nicht auf Fakten.
Pressefeindlichkeit
Interessant ist die letzten Forderung. Argumente oder Fakten fehlen auch hier. Sie „fordert“ etwas, was Gegebenheit ist: „Sachliche Berichterstattung ermöglichen“: Als wären die Presseberichterstattungen über die Friedensschwurbel nicht sachlich. „Keine Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit“: Als ob es eine solche Einschränkung gäbe.
Der Absatz soll suggerieren, dass die Berichterstattung über die Friedensbewegung total undemokratisch und unsachlich sei. Das stimmt einfach nicht und hat einen pressefeindlichen Hintergrund. Diese pressefeindliche und an antisemitische Vorstellungen anschlussfähige „Forderung“ zeigt die Schnittstelle im Mindset von Friedensbewegung und Corona-Hass-Verschwörungswahn-Schwurbeln auf.
2. Bericht vom „Vorbereitungstreffen“
Wie ähnlich sich das Mindset von Schwurbeln und Friedensbewegung ist, sieht man auch in den online stattfindenden, als „Vorbereitungstreffen“ getarnten Mobilisierungsveranstaltungen. Die hier geschilderten Eindrücke stammen vom 30.6.2024 (es war sehr schwer auszuhalten). Zu den Onlinetreffen kommen rund 250 Menschen, um ihrem Sektenführer Reiner zu lauschen. Viele der Teilnehmenden betonen dabei, dass sie aus der „Neuen Friedensbewegung“ seien, was eine euphemistische Selbstbezeichnung für Corona-Hass-Verschwörungsschwurbel ist.
Friedensbewegung Hand in Hand mit Verschwörungsschwurbeln
Laufend sagen Teilnehmende des Treffens Statements wie: Die „Neue Friedensbewegung“ und „Alte Friedensbewegung“ müssten sich zusammentun, es müsse versucht werden, einen Schulterschluss zwischen „alten“ und „neuen“ Protestbewegungen zu schaffen: „Egal ob rechts, links!“ „Neue Friedensbewegung, alternative Friedensbewegung – so Begriffe sollte man aufheben und nur von einer Friedensbewegung reden!“ Die Moderator*in des Treffens, Jutta Kausch-Henken von der Berliner FRIKO, die ja gar nichts mit rechtsoffen zu tun haben will, integrierte diesen Disput mit folgenden Worten: „Wir sind eine Friedensbewegung“.
Panik vor dem dritten Weltkrieg
Vereint waren fast alle der Teilnehmenden in Weltuntergangsfantasien. Im Treffen regierte die Panik vor einem „Dritten Weltkrieg“. Das war bei einigen fast wahnhaft: „Wir müssen alle zusammenkommen, weil die Gefahr grad so groß ist!“ Einer war sich sicher, dass ein großer Krieg in Europa in den nächsten 3 Monaten stattfinden werde (weil der serbische Präsident das gesagt habe). Damit war er nicht allein. Diese konkrete Angst ist vielen auch Antrieb, die „bundesweite Friedensdemonstration“ zu machen. Einigen war der 3. Oktober deshalb auch zu weit weg und sie wollten schon jetzt gerne etwas machen.
Die USA sind Schuld
Auch in der Schuldfeststellung waren sich alle einig. An der aktuellen brisanten Weltsituation ist nämlich nicht das russische Regime, das sich krass verzockt hat, Schuld, sondern: „Die USA sind an allem Schuld und der Putin will ja nur Frieden“. An dieser Stelle tönt auch AfD- und Compact- Nationalismus durch, wenn ständig betont wird: „Deutschland ist Vasalle der USA.“
Bündnis Sahra Wagenknecht am Schwurbeln
Inhaltlich gab es viele positive Bezüge auf Sahra Wagenknecht (nur eine einzige Person hat Wagenknechts Sozialchauvinismus kritisiert und damit was negatives über sie/BSW gesagt). Es waren auch offen auftretende BSW-Mitglieder im Meeting und haben für ihre Partei geworben. Hier zeigte sich, wie die Kreml-Propaganda bei den Beteiligten verfängt: Einer meinte, man solle bei Putin keine „gut“- oder „böse“-Wertung vornehmen; ein anderer meinte, man solle auf einer Friedensdemonstration nicht von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands sprechen. Hier und da deuteten sich bei den Teilnehmenden Verschwörungsmythen an, z.B. dass die Anti-AfD-Demos am Anfang des Jahres so groß gewesen seien, weil dort viel (staatliches) Geld hintergesteckt habe.
AfD-Wähler sind für Frieden?
Kein Thema war Schutz und Asyl für Menschen, die vor dem Krieg (bzw. dem Kriegsdienst) fliehen wollen. Ebenfalls kam die Ukraine und z.B. humanitäre Hilfe für die Menschen dort nicht vor. Stattdessen: „Mehrere meiner Freunde sind AfD-Wähler. 30% in Sachsen wählen ja AfD. Die Freunde sind für Frieden.“ Das Statement blieb unwidersprochen, natürlich.
Größenwahnsinnige Erwartungshaltungen
Keines der Treffen im Umfeld des Friedensratschlags vergeht ohne ständige selbstreferenzielle Bezüge auf die großen Demonstrationen im Bonner Hofgarten aus den 1980ern als Vorbild. In diesem Zusammenhang zeigen sich auch die völlig unrealistischen Erwartungshaltungen der Beteiligten: Eine Person sprach sogar vom Ziel, mehr als 50.000 Menschen bei der Demo im Oktober in Berlin zu haben.
Faktencheck:
Reiner hatte in seinem Online-Meeting die zweifellos beeindruckende Zahl von etwa 250 Leuten. Doch wie kommen wir von da zu 50.000? Jeder der 250 Personen müsste nochmal alleine 200 Menschen zusammen bekommen. Das sind vier Busse pro Orga-Nase. Das ist schon unrealistisch. Bedenkt man jedoch, dass viele der Beteiligten aus kleinen Städten kommen und man erfahrungsgemäß mit 20% Totalausfall rechnen muss, wird’s noch ambitionierter. Und wenn man dann noch mit bedenkt, dass die von Reiner angeschleppten Corona-Hass-Verschwörungswahnsinnigen sich größtenteils aus Typen zusammen setzen, die zwar viel reden und großkotzig angeben, aber eigentlich nichts auf die Reihe kriegen, dann dürfte deutlich werden, wie selbstbesoffen das Ziel „50.000 Menschen“ ist.
Wir reiten hier so auf den Zahlen rum, weil sie den problematischen Umgang der Leute mit Fakten verdeutlichen. Schon auf vergangenen Demonstrationen aus dem Spektrum zählten wir um den Faktor acht weniger Teilnehmer*innen als was die Veranstalter*innen behaupteten. Wenn Journalist*innen in ihren Berichten über die Demo dann eine realistischere Zahl nennen, dann sind sich die Friedensschwurbel alle einig, dass die Presse sie mal wieder schlechtrede. Auch DFG-VK-Mitglieder nennen diese dreist hochgelogenen Zahlen immer wieder als Argument zur Beteiligung an den Demos von Reiner und Co. – und blenden die haarsträubenden politischen Inhalte dabei völlig aus.
Natürlich wieder dabei: Pressehass
Die Selbstimmunisierung gegen Fakten und Realität ist der unterschwellige gemeinsame Nenner im Treffen. Das zeigten auch Äußerungen wie „Wir werden ja die ganze Zeit nur denunziert“ und „Die Presse ist Schuld, dass wir nicht so groß und wichtig sind wie die großen Demos gegen Rassismus vor ein paar Monaten“. Hier unterstellen die Friedensschwurbel, dass die Demos gegen die AfD lediglich gut besucht seien, weil die Medien sie unterstützen würden. Und nicht etwa weil viele Menschen die AfD und Rassismus doof fänden…
Entscheidungen von oben
Eine direkte Diskussion über einen konkreten Aufruf gab es am 30.6. nicht – lediglich einige Wünsche für den Aufruf wurden geäußert, die aber oft sehr widersprüchlich waren. Einige wollten einen kurzen Aufruf – aber dies, das und das soll dort rein. Dann Ansage von oben: Eine Diskussion um den Aufruf findet nur in dem kleinen „Nie wieder Krieg“- Orga-Team statt und man könne ihn, wenn er fertig ist, unterschreiben. Man könne aber auch eigene Aufrufe verfassen (Hauptsache die Leute/Gruppen kommen nach Berlin am 3.10.!).
Innerverbandliche Demokratie?
Das Ganze ist also wie immer wenig demokratisch gestaltet. Spannend, wie Reiner Braun mit solchen Meetings den Eindruck erweckt, die Leute könnten mitreden – am Ende organisiert ein intransparentes Kernteam dann alles. Aber die Leute aus dem Meeting/von den kleinen Friedensgruppen kommen trotzdem begeistert und beseelt zur Demo. Das klassische Modell einer Weltuntergangssekte also.
3. Fazit: Kein Friedensschwurbeln
Zusammengefasst könnte man sagen: Am Aufruf zum 3.10. ist nichts neu. Die Russland-Apologie hat schließlich Tradition in der Friedensbewegung. Auch ist BUNDESWEITE GROSSDEMONSTRATION mit INTERNATIONALER PRESSEKONFERENZ und anschließendem Hochlügen der Teilnehmendenzahlen dieselbe alte Aktionsform wie immer. Es sind die aus dem Spektrum bekannten Forderungen. Mal wieder ein Versuch der Querfront.
Schlimm, dass wir mehr als zwei Jahre nach der russischen Invasion in die Ukraine in der DFG-VK überhaupt noch diskutieren, ob wir so einen inhaltlich problematischen Rotz unterschreiben, der die Verantwortung des russischen Regimes für den Krieg in der Ukraine nicht einmal benennt. Wer es ernst meint mit „alle Kriegsursachen bekämpfen“ darf davor nicht die Augen verschließen. Und wenn wir wirklich eine seriöse NGO sein wollen, sollten wir uns von solchen undemokratischen Weltuntergangssekten mit Führerkult tunlichst fernhalten. Die Friedensbewegung muss endlich lernen, einen Bogen um Russland-Fanmeilen zu machen. Denn das Thema „Frieden“ ist viel zu wichtig, als dass wir es Verschwörungsknallis und Reiner-Fans überlassen dürfen.