Angesichts des offenen Streits in der Friedensbewegung um die Querfrontdemo „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität!“ am 3.10. in Berlin positioniert sich jetzt auch Prominenz gegen die Putin-Propaganda: Jutta Ditfurth, Ulrich Schneider, Bert Hoppe, Schnappi von den antifaschistisches Echsen und mehrere Bundestagsabgeordnete aus der Progessiven Linken unterstützen Gegenaufruf des Landesverband Berlin-Brandenburg der Friedensgesellschaft – Vereinige Kriegsdienstgegnerinnen (DFG-VK), der zu einer eigenen Aktion mit symbolischen Leichensäcken an der russischen Botschaft aufruft. Toni Schmitz, Sprecherin der DFG-VK Berlin-Brandenburg, sagt: „Wir setzen gemeinsam ein starkes Zeichen gegen Putin-Propaganda in der Friedensbewegung!“
Jutta Ditfurth: Gegen „Orwellsche Verdrehung“ von „Frieden“
Die antifaschistische feministische und ökosozialistische Autorin und Aktivistin Jutta Ditfurth schreibt auf Twitter: „Die Kritik des DFG-VK Berlin-Brandenburg an der sog. Friedensdemo ‚Nie wieder Krieg‘ am 3. Oktober ist richtig. Die Veranstalter* reden in Orwellscher Verdrehung von Frieden und leugnen sogar den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Wir rufen zur Kundgebung der DFG-VK auf!“
Ulrich Schneider: Solidarität mit der Ukraine
Ulrich Schneider, ehemaliger Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Autor und jetzt Rockmusiker, meldet sich ebenfalls auf twitter zu Wort: „Auch ich teile die Kritik des DFG-VK Berlin-Brandenburg am Aufruf zur Friedensdemo ‚Nie wieder Krieg‘ am 3. Oktober. Nicht nur Wagenknecht & co. wollen Frieden, sondern auch jene, die die Solidarität mit der Ukraine nicht aufgeben und Putin nicht in die Karten spielen wollen.“
Bert Hoppe: Keine Täter-Opfer-Umkehr
Bert Hoppe, Historiker mit Schwerpunkt auf sowjetischer und deutscher Zeitgeschichte schreibt auf twitter zum Aufruf „Pazifismus statt Putin-Propaganda“ der DFG-VK Berlin-Brandenburg: „So geht #Pazifismus, der keine Täter-Opfer-Umkehr (und damit bewusst oder unbewusst) das Geschäft der russischen Propaganda betreibt, sondern klar benennt, wer diesen Krieg begonnen hat.“
Schnappi: Ausgeschwurbelt
Die Eidechse „Schnappi“ von der Antiverschwurbelten Aktion kann kaum glauben, dass sich ausgerechnet die DFG-VK klar gegen die Querfrontdemo des Bündnisses „Nie wieder Krieg!“ positioniert und schreibt dazu: „[Sensationell!] Die größte und älteste friedens-organisation deutschlands distanziert sich von der putinistischen #querfront von #NoReinerBraun am #b0310 und ruft zu einer kreativen parallel-aktion auf: ‚pazifismus statt putin‘ #ausgeschwurbelt“
Progressive Linke
Die Progessive Linke, eine Initiative in der Linkspartei, der u.a. Klaus Lederer, MdB Martina Renner und Halina Wawzyniak angehören, erhebt trotz gegenteiligen Aufrufes der Partei ihre Stimme gegen Putin-Propaganda: „Wir distanzieren uns daher klar vom Aufruf zu einer bundesweiten „Friedensdemonstration“, der nicht zuletzt die Friedensbewegung spaltet. Gleiches gilt für den Aufruf der Partei Die Linke zu dieser Veranstaltung. Obwohl Letzterer verschiedene Kritikpunkte aufnimmt, halten wir ihn für einen gravierenden politischen Fehler (…). Wir unterstützen daher den Aufruf der DFG-VK Berlin-Brandenburg für dezentrale Aktionen am 02. und 03.10.2024 unter dem Motto „Russland führt Angriffskrieg“.“
Der ganze Aufruf der Progessiven Linken:
Abgrenzung von rechts?
Weniger erfreulich ist, dass SPD-Urgestein Ralf Stegner dem Querfrontbündnis „Nie wieder Krieg“ Legitimation verschafft, indem er auf der Demo am 3.10. eine Rede hält. Im SPIEGEL-Interview rechtfertigt Stegner seine Teilnahme an der Querfront: „Wer die Demo organisiert, ist zweitrangig, solange Faschisten keine Rolle spielen. Die Veranstalter haben eine Erklärung abgegeben, wonach Rassismus, Antisemitismus und Faschismus nicht geduldet werden. Das reicht mir.“
Dieses Argument verkennt komplett den Querfront-Charakter des Bündnisses, so Toni Schmitz, Sprecher*in der DFG-VK Berlin-Brandenburg: „Die Reichsbürger*innen, die mit Reiner Braun in Ramstein abhängen, wissen genau, dass sie auf seiner Demo willkommen sind. Dabei ist völlig egal, ob die Veranstalter*innen irgendwann mal eine Erklärung veröffentlicht haben.“ Schon jetzt fänden sich Mitglieder der antisemitischen und in Verbindung zum Rechtsterrorismus stehenden Partei dieBasis unter den offiziellen Unterstützer*innen auf der Webseite der Demo: „Auch Gruppen der Palästinasolidarität, die Hamas-Terroristen zu Freiheitskämpfern stilisieren, rufen mit zur Demo auf und sind dort willkommen.“
Mehrere Aufrufe zur Querfront-Demo
Auf die Feststellung des SPIEGEL, dass der Aufruf für die Demo am 3.10. einerseits einen Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine fordert, andererseits Putin als Aggressor nicht einmal benennt, entgegnet Ralf Stegner: „Einspruch! Ja, es gibt einen solchen Aufruf der Organisatoren. Es gibt aber auch viele andere Aufrufe, an der Demo teilzunehmen, unter anderem den Aufruf von maßgeblichen Teilen der SPD.“
Toni Schmitz dazu: „Wenn die verschiedensten Gruppe die politisch unterschiedlichsten Aufrufe zur selben Demo verfassen, dann ist das so ziemlich die Definition von Querfront.“ Außerdem werde der Inhalt der Demo durch die vielen Aufrufe zum einen beliebig. Das Problem sei dabei: „Ralf Stegner mobilisiert selbst Leute zur Demo, die sonst nicht kommen würden. Die Veranstalter*innen können sich danach zufrieden zeigen, dass so viele Leute für ihren Täter-Opfer-Umkehrungs-Aufruf gekommen seien.“